Fachartikel
Das Start-up ist erwachsen geworden
25 Jahre ACTech in Freiberg/Sachsen
Was ist unternehmerischer Erfolg? Beispielsweise, wenn ein Start-up seinen 25. Geburtstag begehen kann. Den feiert der Mittelständler ACTech aus dem sächsischen Freiberg in diesem Frühsommer. Das Erfolgsgeheimnis: „Rapid Prototyping“, basierend auf Additiven Fertigungsverfahren. Eine Firmengeschichte.
Das wiedervereinigte Deutschland schreibt das Jahr 1995. Dass ein Vierteljahrhundert später die wirtschaftlich erfolgreiche Firma namens ACTech ihr Firmenjubiläum feiern kann, ahnt noch keiner der Firmengründer. Maßgeblicher Treiber ist der Gießereiingenieur Dr. Florian Wendt. „Es gab damals ein deutliches Manko: Wie können sehr schnell einzelne Gussteile zu vernünftigen Kosten produziert werden?“, erläutert Norbert Demarczyk, heute einer der drei Geschäftsführer des Mittelständlers und zuständig für die Fertigung, die damalige Motivation. „Die Technologien der Seriengießerei waren zu unflexibel und zu aufwendig, um mal schnell ein Gussteil für Erprobungszwecke bereit zu stellen.“
Wendt hat gearbeitet, geforscht, auch patentieren lassen. Untrennbar zur Vorgeschichte von ACTech gehört deswegen sein Patent für das Lasersintern von Croning- Formstoff und die Umsetzung dieser Erfindung durch die EOS GmbH in München. Damit stand mit der Eosint-S-Technologie erstmalig eine Technologie zur Verfügung, die es erlaubte, modelllos Kerne und Formteile aus einem Datensatz zu fertigen. Das Verfahren ist ein Schichtbauprozess, bei dem Phenolharz mittels Laser selektiv eingetragener Wärmeenergie ausgehärtet wird. Man sprach damals von Rapid-Prototyping-Technologien, heute nennen wir es Additive Fertigung oder gar nur 3-D-Druck. Der gewählte Technologie- Sammelbegriff macht deutlich, welchen Bedarf man bedienen wollte, den der schnellen Prototypenfertigung. Der Bedarf wandelte sich erst zu einem Markt, da vorher mangels geeigneter Technologie keine wirklich schnelle Prototypenfertigung, insbesondere komplexer Gussteile, möglich war. Der Modell- und Werkzeugbau war die vorgezeichnete Route, die Zeit und Kosten bestimmte.
Ein junges Team aus CAD-Konstrukteur, Gießereiingenieur und Maschinenfachmann war 1995 schnell zusammengestellt und ging mit Pioniergeist zu Werke. Die Kinderkrankheiten der Technologie waren zu beheben und die Tauglichkeit der Formteile und Kerne zur Herstellung unterschiedlicher Geometrien in diversen Gusswerkstoffen unter Beweis zu stellen.
Freiberg, als Sitz der Ausbildungsstätte für Gießereiingenieure, bot sich als Firmensitz an und das Versuchsfeld des Institutes bildete die erste Operationsbasis für die Gussteilfertigung mit den neuartig hergestellten Formteilen.
Die neue Wundertechnologie wurde allseits von der Branche bestaunt. Neue Gestaltungsfreiheiten konnten gewährt werden, Hinterschnitte und Ausformschrägen waren keine Hemmnisse oder Restriktionen mehr – damit wurden bis dahin nicht darstellbare Geometrien gießbar. Selbst nach Japan wurden Formen versendet, hier stellte der Transport der zerbrechlichen Formteile eine weitere Herausforderung dar, die gemeistert wurde. Später gingen zwei Meter lange Formen per Luftfracht nach Kanada, um dort in Magnesium abgegossen zu werden.
Martin Vogt
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pdf-Datei aus "GIESSEREI" Heft 5-6/2020 Seiten 82-87
© BDG, Düsseldorf
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