Was wird gegossen?


Die Frage: „Was wird gegossen?“ kann auf zwei Arten beantwortet werden. Zum einen kann man darauf abzielen, was für ein Bauteil hergestellt wird, z. B. ein Teil für den Motor eines Autos. Zum anderen kann diese Frage mit dem entsprechenden Metall beantwortet werden, mit dem das Bauteil gegossen wird.
 

 

Jeder kennt das Bleigießen an Silvester. Den kleinen Teddybär aus der Packung nehmen und auf dem beiliegenden Löffel schmelzen. Dafür braucht man nicht mehr als ein Teelicht, das durch die Flamme genug Hitze zum Schmelzen des Bleis  erzeugt. Das flüssige Metall wird danach in eine Schüssel Wasser gekippt. Den Schatten des entstandenen Klumpens kann man dann deuten und weiß sofort was das kommende Jahr für einen bereithält. 

 

Jeder Werkstoff hat seine speziellen Eigenschaften

Wenn es um technische Werkstoffe geht, wird es ganz schön vielseitig. Stahl, Eisen oder Aluminium können für das Gießen genutzt werden. Soviel hat jeder schon mal bei einer der Wissenssendungen im TV oder auf YouTube gesehen oder woanders gehört. Aber auch die Metalle Kupfer, Magnesium, Titan, Zink und andere werden für technische Bauteile verwendet. Jedes Metall hat seine Besonderheiten, die es für die eine oder andere technische Aufgabe geeignet macht. Alle haben den typischen metallischen Glanz, können elektrischen Strom und Wärme leiten und lassen sich verformen. Allerdings kann jedes Metall dies alles unterschiedlich gut. 

 

Da aber gerade die Stabilität – vom Fachmann „Festigkeit“ genannt – der reinen Metalle für die meisten Belastungen nicht hoch genug ist, werden für technische Anwendungen keine reinen Metalle genutzt, sondern Mischungen aus einem Basismetall und anderen Zugaben. Diese Mischungen aus mehreren Elementen nennt man „Legierungen“. Diese sind vergleichbar mit Kuchenteig, der ja auch, je nach Kuchen, aus gut miteinander vermischtem Mehl, Milch, Zucker, Ei und Anderem besteht. Bei den metallischen Legierungen können die zugegebenen Elemente – in der Gießerei heißen sie Legierungselemente – entweder andere Metalle (z. B. Chrom)

Halbmetalle (z. B. Silizium), die zumindest teilweise Eigenschaften wie Metalle haben, oder Nichtmetalle (z. B. Kohlenstoff), die keine der typisch metallischen Eigenschaften haben, sein. In Kombination verpassen die Zusätze dem Basismetall ein Upgrade auf dessen Eigenschaften, so wie Schokolade dem Kuchen zu einem anderen Geschmack verhilft.

Ähnlich wie beim Kuchen gibt es eine Art Rezept, nach welchem die Legierungen zusammengesetzt werden, um nach dem Gießen dann ein Motorblock, Türgriff oder Smartphone-Gehäuse zu sein. Wir zeigen euch, was die einzelnen Metalle besonders macht und wofür diese genutzt werden.

Stahl

Das chemische Element Eisen – ein Metall – wird für das Gießen in zwei Formen genutzt: als Gusseisen und als Stahl. Beide haben Kohlenstoff als wichtigen Bestandteil, jedoch unterscheiden sie sich im Anteil. Während der Stahl nur wenig Kohlenstoff enthält, üblicherweise weniger als 0,8 %, enthält das Gusseisen höhere Kohlenstoffanteile zwischen 3 % und 4 %. Dazu kommen bei beiden noch andere Elemente, die der Mischung hinzugefügt werden, je nach Aufgabe. Beim Stahl sind diese Legierungselemente u. a. Chrom, Nickel, Molybdän oder Mangan. Daraus ergeben sich über 600 verschiedene Legierungen, somit auch extrem vielfältige Eigenschaften. 

 

Was unterscheidet Stahl von den anderen Metallen, fragst du dich sicherlich? Zunächst ist es die Temperatur, bei der er schmilzt. Da der Anteil an Kohlenstoff nicht so hoch ist, liegt die Schmelztemperatur nur wenig unter den 1538 °C von reinem Eisen, nämlich bei etwa 1450 °C. Sie ist damit höher als die der meisten anderen Metalle in der Gießerei. Durch diesen hohen Schmelzpunkt können die Teile auch in der Regel höhere Temperaturen im Einsatz aushalten.

Was Stahl wirklich besonders macht ist die hohe Festigkeit. Bauteile aus diesem Werkstoff halten viel höhere Belastungen aus als die meisten anderen Metalle.

 

Aber nicht nur die Festigkeit ist sehr hoch, sondern auch die Dehnung. Wie bei einem Gummiband lässt sich Stahl sehr lang ziehen, bevor er reißt. Gerade die Kombination aus Festigkeit und Dehnung macht ihn für Bauteile, die nicht kaputt gehen dürfen, sehr geeignet. Dafür muss aber das höhere Gewicht in Kauf genommen werden, denn Stahl ist einer der schwereren Werkstoffe.

Produktbeispiele aus Stahlguss sind zum Beispiel Turbinenschaufeln für die Energieerzeugung. Bekannt sind auch Stahlbaukonstruktion mit gegossenen Knotenteilen wie bspw. die Dachkonstruktion im Olympiastadion Berlin.

Gusseisen

Gusseisen ist die andere Gruppe der Werkstoffe des Eisens. Es zeichnet sich durch die im Vergleich zu Stahl höheren Kohlenstoffanteile von 3 % bis 4 % aus. Dazu kommen noch andere Legierungselemente wie beispielsweise Silizium, Mangan oder Chrom. Da der Anteil von Kohlenstoff als Hauptlegierungselement deutlich höher als bei Stahl ist, liegt die Schmelztemperatur niedriger: etwa zwischen 1150 bis 1250 °C. 
 

 

Der hohe Gehalt an Kohlenstoff führt dazu, dass sich dieser beim Abkühlen aus dem Basismetall ausscheidet. Du kannst es dir mit Wasser und Salz vorstellen. Heißes Wasser kann eine große Menge an Salz auflösen. Kühlt sich dieses Wasser ab, so setzt sich mehr und mehr Salz auf dem Boden ab, es scheidet sich aus. Beim Gusseisen sinkt der Kohlenstoff nicht zu  Boden, sondern bildet Grafitansammlungen. Diese Grafitansammlungen kannst du dir vorstellen wie Schokostückchen im Kuchen, ganz fein verteilt im ganzen Kuchen.

 

Wenn ein Teil aus Gusseisen aufbereitet wird und unter einem Mikroskop betrachtet wird, so können die Grafitansammlungen entweder als Lamellen (Gusseisen mit Lamellengrafit, kurz GJL), als Kugeln (Gusseisen mit Kugelgrafit, kurz GJS) oder als eine Zwischenstufe zwischen beiden (Gusseisen mit Vermiculargrafit, kurz GJV) gefunden werden. 

Alle Gusseisenarten sind ca. 10 % leichter als Stahl. Je nach Grafittyp sind die Eigenschaften des Bauteils unterschiedlich. GJL hat zwar recht hohe Festigkeiten, jedoch etwas geringere als Stahl. Dafür kann es Wärme sehr gut ableiten und dämpft Schwingungen gut. Daher sind bspw. Motorblöcke oder Bremsscheiben aus GJL. GJS hat fast so hohe Festigkeiten wie Stahl und eine gute Dehnung, daher wir es für Bauteile eingesetzt, die hohe Festigkeitseigenschaften benötigen, jedoch leichter sein müssen. Beispiele hierfür sind Teile für Windenergieanlagen oder Fahrwerksteile für Fahrzeuge.

 

Aluminium

Aluminium ist einer der jüngsten Werkstoffe, obwohl es das Metall ist, welches am häufigsten in der Erdkruste zu finden ist. Dies liegt daran, dass Aluminium nicht als reines Metall – wie beispielsweise Goldnuggets – vorkommt, sondern aufwendig aus Bauxit, einem Gestein, welches einen hohen Anteil an Aluminium enthält, gewonnen werden muss.

 

Da für diese Gewinnung neben chemischen Abläufen viel Strom zu Herstellung des Basismetalls benötigt wird, wurde es erst Ende des 18. Jahrhunderts entdeckt und erst Mitte des 19. Jahrhunderts als reines Metall hergestellt. Es zählt zu den Leichtmetallen und hat nur etwa ein Drittel des Gewichts von Eisen. Die Schmelztemperatur liegt bei 660 °C.

Für die technische Verwendung wird es u. a. mit den Legierungselementen Silizium, Magnesium und Kupfer verwendet. Silizium bewirkt eine Steigerung der Festigkeit, Magnesium lässt es beständig gegen Seewasser werden und Kupfer verbessert die Festigkeit bei höheren Temperaturen. Daher ergeben sich sehr vielseitige Möglichkeiten für den Einsatz von Aluminium. 

 

Gerade für den Leichtbau spielt Aluminium eine sehr wichtige Rolle, da es mit speziellen Legierungen annähernd vergleichbare Festigkeiten wie manche Gusseisenlegierungen erreichen kann und dabei deutlich leichter ist. Deshalb gibt es heutzutage für die Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs einige Autos, die mit Motoren aus Aluminium hergestellt werden, ohne dadurch an Leistung zu verlieren. Auch Verbindungsteile von Krankentragen werden aus Aluminium gegossen, denn auch Sie müssen leicht und gleichzeitig sehr stabil sein.

Magnesium

Magnesium ist das leichteste der Gießmetalle und ist trotzdem sehr widerstandsfähig. Die Schmelztemperatur liegt mit 650°C knapp unterhalb der von reinem Aluminium. Das Schmelzen von Magnesium erfordert ein großes Maß an Geschicklichkeit, da Magnesium sehr stark dazu neigt, sich mit Gasen zu verbinden und im flüssigen Zustand in Kontakt mit Luftsauerstoff brennt. Deshalb sind auch die meisten Bauteile aus Magnesium lackiert, da auch im festen Zustand eine Reaktion stattfindet. Allerdings ohne die Sache mit dem Feuer. Daher kann man die meisten Teile aus Magnesium auch nicht als solche erkennen, aber du wirst gleich sehen, dass du mehr Teile kennst, als du dir im Moment vorstellst. Aber dazu gleich mehr.

 

Typischerweise wird auch Magnesium nicht als reines Metall verwendet, sondern so wie alle anderen auch als Legierung. Die Zusätze sind beispielsweise Aluminium, Zink oder Mangan. Zink und Aluminium verbessern die Festigkeit und Mangan vermindert die Reaktion mit Gasen.

Und jetzt zu den Bauteilen. Da Magnesium so leicht wie Kunststoff ist, aber deutlich stabiler, steckt es in vielen Alltagsgeräten. Als erstes Beispiel wären da Fotoapparate Das Gehäuse ist in der Regel nur mit Kunststoff verkleidet, innen steckt aber ein Gussteil aus Magnesium. 

Ein weiteres Magnesiums-Gussteil trägst du sogar jeden Tag bei dir. Vielleicht hälst du es jetzt gerade in der Hand. Dein Smartphone. Im inneren befinden sich filligrane Bauteile aus Magnesium, ohne die dein Handy nicht funktionieren würde.

 

Kupfer

 

Das Metall Kupfer kennt nahezu jeder, wegen seiner rötlichen Farbe und den grünen/türkisen Dächern von einigen Kirchen. Auch in der Technik ist es ein sehr wichtiger Werkstoff. Kupfer hat eine Schmelztemperatur von 1085 °C, also zwischen der von Aluminium und Gusseisen. Die wahrscheinlich häufigste Verwendung von Kupfer findet in der Elektrotechnik statt, da es eine sehr hohe elektrische Leitfähigkeit besitzt.

In Legierungen kann es aber auch sehr vielseitig eingesetzt werden. Zu den drei wichtigsten Legierungselementen zählen Zinn, Zink und Aluminium.

Mit Zink gemischt ergibt sich Messing, das für Rohrleitungen wie z. B. für Zapfhähne verwendet wird. Kupfer und Zinn ergibt Bronze: vor allem Statuen sind aus diesem Werkstoff, gut erkennbar am grünlich/türkisen Anlauf. Mit Aluminium als Legierungselement ergibt sich eine sehr gute Salzwasserbeständigkeit, weshalb große Schiffspropeller aus diesem Werkstoff sind.

 

Zink


Zink ist ein Gusswerkstoff, der für die Automobilindustrie wichtig ist, aber auch in anderen Bereichen seine Anwendungen findet. Das Metall schmilzt bei einer Temperatur von 419,5 °C, weshalb im Vergleich zu den meisten anderen Metallen deutlich weniger Energie für das Schmelzen benötigt wird. Hauptsächlich wird es mit dem Legierungselement Aluminium verwendet.

In erster Linie wird Zink für sichtbare Bauteile genutzt, da es eine sehr gute Oberfläche hat und sich sehr gut verchromen lässt, daher sind viele Hebel, Knöpfe, Blenden und Zierleisten aus Zink.

Aber auch bei Brettspielen finden sich Teile aus Zink. Beispielsweise sind die Figuren aus dem klassischen Monopolyspiel aus diesem Werkstoff.

 

Titan

 

Als letztes stellen wir euch noch Titan vor. Titan ist ein vergleichsweise teures Material, da es nur schwer zu gewinnen ist. Außerdem ist die Schmelztemperatur mit 1668 °C sehr hoch, was die Gussteilherstellung sehr aufwendig macht. In Verbindung mit dem Legierungselementen Molybdän, Chrom und/oder Aluminium hat Titan ein extrem gutes Verhältnis von seiner Festigkeit zu seinem Gewicht, weshalb es zum Beispiel für die Raumfahrt eingesetzt wird.

Aber auch in der Medizintechnik werden sehr filigrane Teile aus Titan hergestellt. Zum Beispiel werden künstliche Hüftgelenke aus diesem Material gefertigt. Wenn eure Oma oder euer Opa ein künstliches Hüftgelenk hat, so wisst ihr nun, dass es wahrscheinlich aus dem Metall Titan ist und mal gegossen wurde.